Metropolen-Sound der Zwanziger Jahre am Schauspielhaus Bochum: In "Madame singt und Monsieur spielt" gehen unbekannte Brettl-Lieder von Arnold Schönberg, französische Songs von Kurt Weill (!) und Erik Satie sowie Populäres von Paul Abraham, Leo Fall, Franz Lehar und Robert Stolz eine so ungewöhnliche wie wundervolle Liaison mit Texten von Fernando Pessoa, Daniil Charms und Ingeborg Bachmann ein.
Imogen Kogge und Dietmar Loeffler warten in den Kammerspielen, Premiere war am 9. November 2008, mit einem wahren Großstadt-Nachtprogramm auf, das ebenso in Paris, Wien oder Berlin bestehen könnte. Weil sie auf eine aufgepfropfte Rahmengeschichte verzichten und Beziehungen über das rein Musikalische hinaus nur ganz leise andeuten - spielerisch als Möglichkeit, nicht als Behauptung. Indem Madame das Ideal der großen, ja einzigartigen romantischen Liebe beschwört, drücken Körperhaltung und Mimik zugleich die Skepsis, die hauchzart ironische Distanzierung einer lebenserfahrenen Frau aus.
Die Vollblut-Schauspielerin Imogen Kogge, die vor Jahren schon an der Seite Tana Schanzaras ganz neue musikalisch-sängerische Saiten aufzog, zieht binnen knapp zwei Stunden, die wie im Fluge vergehen, alle Register. Und zwar auf eine so unprätentiöse Weise, daß man den Part ihres diesmal Regie führenden Bochumer Schauspieler-Kollegen Burghart Klaußner im ersten Moment kaum wahrzunehmen glaubt: Seine herrlichen szenischen Miniaturen haben es unter dem funkelnden Sternenhimmel zahlloser Glühlampen bisweilen nicht leicht, sich ins rechte Licht zu rücken in der phantastisch-effektvollen, die ganze Aufmerksamkeit für sich beanspruchenden Ausstattung Katrin Kerstens.
Savoir vivre mit einem Piccolöchen Rotwein und einem beschwingten Satie-Walzer, den Madame mit dem plötzlich ganz ausgelassenen Monsieur Dietmar Loeffler auf den Kammerspiel-Brettern wirbelt: Ich tanze mit Dir in den Himmel hinein...
Pitt Herrmann
Burghart Klaußner (Regie)
Madame singt und Monsieur spielt
Schauspielhaus Bochum, Kammerspiele